Schaut man sich einmal in den Städten unseres Landes um, so ist eine Sache ganz auffallend bezüglich der jungen Frauen: Sie alle tragen Handtaschen.
Ob nun große oder kleine, welche mit Totenköp-fen oder mit Schafen drauf, die meinen alles sei doof, welche mit langen Riemen für die Schulter oder mit kurzen Riemen für die Hand.
Aber kein weibliches Wesen unter dreißig Jahren ist ohne eine Handtasche. Sogar schon die ganz jungen Mädchen besitzen welche, die sie wahrscheinlich zu ihrem vierten Geburtstag geschenkt bekommen haben, als Symbol zur Auf-nahme in den Kreis der Fast-Erwachsenen beziehungsweise Fast-Frauen.
Ja, manche tragen sogar zwei davon, auf jeder Seite eine, vermutlich um das Gleichgewicht besser halten zu können.
Eine Handtasche ziert die jungen Damen und soll auf eine gewisse Reife hinweisen. Seht her! Ich trage eine rosa Handtasche. Ich bin bedeutend und kein kleines Mädchen mehr! So oder so ähnlich geht es doch im Kopf dieser jungen Gören von heute zu.
Doch was ist eigentlich in so einer – zu meist sehr kleinen – Handtasche drin?
Die Antwort ist oft schlicht und einfach: Nichts! Nur Luft!
Sie tragen die Taschen einfach nur um der Ta-schen willen mit sich herum. Ohne sie fühlen sie sich nackt. Sollten sie unterwegs zufällig etwas finden oder geschenkt bekommen, zum Beispiel Schmuck beim Juwelier, dann können sie diese Dinge in ihre leere Handtasche packen. So füllt sich eine Tasche im Laufe ihres Lebens, bis eine Tasche nicht mehr reicht.
Sollten die Frauenzimmer nämlich mehr als Luft in ihren Taschen haben, dann übertreiben sie es maßlos. Sie wollen wühlen, sie wollen kramen, und das möglichst lange und auffällig. Es ist nicht so, dass sie etwas darin brauchen könnten. Nein. Es dient einfach nur dem Zweck, in der Bahn oder sonst wo unterwegs nicht dumm herumzusitzen wie vielleicht andere weibliche Personen in ihrer Nähe.
Doch da jede schon eine Handtasche bei sich hat, muss die zukünftige Frau von heute ihre Exklusivität anders beweisen. Je größer, schöner und voller die Tasche, umso wichtiger wirken sie. Also stopfen sie seit Neuestem ihre Handtaschen mit zig Taschentüchern und anderen Stopfmitteln aus. Ja, ein aufgeblasener Luftballon in der riesigen Handtasche lässt eine junge Frau extrem an Wichtigkeit gewinnen. Bis ihr Traum platzt.
Solche Phänomene können wohl nur die jungen Damen selber erklären.
So sagte eine Freundin von mir letztens: »Was man nicht im Kopf hat, muss man in der Tasche haben!«
Tja, so weit, so gut, doch wenn sie von Geburt an nichts im Kopf und die Tasche bei sich zu Hause vergessen haben, sind sie wirklich aufgeschmissen. Sie wissen nicht mehr, wo sie hinwollen oder was sie überhaupt zu tun gedachten. Wenigstens finden die meisten ohne Handtasche nach nur wenigen Tagen völlig entkräftet den Weg nach Hause zurück.
Auch die Kommunikation unter Gleichgeschlechtlichen ist für unsere Taschenbesitzerinnen ohne Handtasche viel schwerer. Denn wo sollte man sonst in einem Gespräch hinschauen als zu eben dieser?! Und vielen ist erst zu einem Zeitpunkt aufgefallen, wie dumm oder hässlich das Gegenüber in Wirklichkeit ist, als es seine Tasche nicht bei sich trug.
An alle Handtaschen dieses Landes: GEBT DIE FRAUEN ENDLICH FREI! Kettet sie nicht an eure Riemen fest! Man muss sich nicht immer mit jungen Frauen schmücken, nur um zu zeigen, dass man ein Spitzenmodell ist!
Ja, und dann stehen wir noch vor einem anderen Problem: Die älteren Damen, die sich endlich von der Unterdrückung durch ihre Handtaschen befreien wollen, vererben ihre einfach weiter an den leiblichen weiblichen Nachwuchs. Dabei ist egal, dass die Tasche schon älter als die Besitzerin ist, egal, dass sie zerfurcht und faltig ist, und auch egal, dass sie überhaupt nicht mehr modern ist. Denn was wäre schließlich das eigene Fleisch und Blut ohne eine echte, lederne, aus der Familie stammende Handtasche? Bald wird man über Generationen hinweg jeder Frau des Landes zumindest die weibliche Seite ihres Stammbaumes ansehen können, anhand ihrer Handtasche.
Frauen wacht auf! Oder tragt Rucksäcke!

(2008)

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